Quartier

 

Um ein Leben und Altern in Gesundheit und Wohlbefinden im Quartier zu ermöglichen, braucht es eine entsprechend baulich, technisch und sozial gestaltete Infrastruktur. Nicht nur die bauliche Anpassung der Wohnungen ist maßgeblich, sondern auch die Gestaltung umfassender Maßnahmen, die das gesamte Wohnumfeld betreffen mit der erforderlichen Infrastruktur für alle Lebensbereiche (z. B. Sicherstellung der Mobilität, Nahversorgung, Bereitstellung ambulanter Servicedienstleistungen aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich, etc.). Begleitend zu den strukturellen Aspekten ist es ebenso entscheidend die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und Engagements wieder zu fördern um funktionierende integrative Quartierskonzepte zu schaffen.

Die altersgerechte Quartiersentwicklung ist somit ein komplexes Querschnittsthema, welchem sich der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) und seine Wohnungsgenossenschaften schon seit einigen Jahren widmen. Hierzu bedarf es funktionierender Netzwerke und Kooperationen mit Partnern vor Ort, wie unter anderem den Kommunen, Akteuren der Sozial- und Gesundheitswirtschaft, Vereinen. Die Wohnungsgenossenschaften befinden sich im Mittelpunkt dieser Konstellation, auch unter dem Aspekt betrachtet, dass die Wohnung der zentrale Lebensmittelpunkt der meisten Menschen ist und dort der größte Teil der Lebenszeit verbracht wird. Ein aktives Handeln versteht sich von selbst im Sinne der Genossenschaftsidee. Diese Wirkung der Genossenschaftsidee und der Organisationsform der Genossenschaften für die Quartiers- und Stadtentwicklung konnte bereits 2010 durch die Studie "Sozialrendite"des VSWG mit der Leipziger Plattform von Wohnungsgenossenschaften „Wohnen bei uns“ und dem „Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft und Daseinsvorsorge“ zur Sozial- und Mitgliederrendite der Plattform-Genossenschaften erstmalig mit Zahlen belegt werden. Demnach betrug die ‚Sozialrendite’ der vier Plattformgenossenschaften für 2009 6,1%, also ca. 2,2 Mio. Euro. Sozialrendite bezeichnet den Ertrag, der über die klassische Eigenkapitalrendite – den normalen wirtschaftlichen Zweck eines jeden Unternehmens – hinaus für die Mitglieder und alle Leipziger erwirtschaftet wird. Der Anteil der ‚Mitgliederrendite’ - die Sozialrendite, die den Mitgliedern einer Genossenschaft zukommt – beziffert sich auf 5,1%, also ca. 1,8 Mio. Euro. Der Sozialrenditeanteil im engeren Sinne für alle Leipziger liegt mit ca. 350 TSD Euro bei 1%. Wohnungsgenossenschaften stiften einen Nutzen für die Allgemeinheit. Sie erzeugen positive externe Effekte, die über die Versorgung ihrer Mitglieder mit Wohnraum hinausgehen und auch bei der Allgemeinheit wirksam werden.

Der VSWG entwickelte ferner das Konzept „AlterLeben“. Kernstück von „AlterLeben“ ist der Lösungsansatz der „Mitalternden Wohnung“ – ein „mitwachsendes“ Konzept, das durch seine modulare Gestaltung eine hohe Anpassungsfähigkeit an die sich verändernden Lebens- und Leistungsanforderungen der Menschen ermöglicht. Das Konzept geht von einem kombinierten Ansatz, bestehend aus wirtschaftlich vertretbaren bautechnischen Maßnahmen in der Wohnung zur Reduktion von Barrieren im Wohnungsbestand, von der Einbindung technischer Unterstützungssysteme zur Assistenz im Wohnalltag sowie von angekoppelten Dienstleistungen für die Mieter/Mitglieder, aus. Das Konzept wird seit 2009 bis zum heutigen Tag in verschiedenen Wohnungsgenossenschaften unter den regionalen Gegebenheiten umgesetzt.

Unter Federführung des VSWG ist im November 2014 das neue Projekt „Chemnitz+ - Zukunftsregion lebenswert gestalten“ gestartet, das auf den Erkenntnissen der „Mitalternden Wohnung“ aufbaut. Ergebnis des vierjährigen Modellversuchs soll ein integratives Versorgungskonzept sein, in dessen Zentrum die Wohnung, das Quartier und letztlich die Region steht. Die Weiterentwicklung regionaler Kooperationsstrukturen und Allianzen der Wohnungswirtschaft sowie Akteuren der Gesundheits- und sozialen Dienstleistungsbereiche wird zu tragfähigen und finanzierbaren Serviceketten und Modellbausteinen führen für innovative Lösungen in der Region Mittelsachsen führen, die auch übertragbar auf andere Regionen Sachsen oder Deutschlands sein werden.

Im Hinblick auf die Grundversorgung älterer Menschen in Quartieren wurde eine Studie in Kooperation mit der Universität Leipzig, Frau Prof. Denzer durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, ein möglichst originalgetreues Bild der eigenen Versorgung der Genossenschaftsmieter in den Stadtteilen zu erhalten. Dabei interessierte uns, wie und wo sie ihre täglichen Besorgungen erledigen und auf welche Schwierigkeiten Sie dabei  stoßen. Folgende Fragen standen dabei zur Klärung:

  • Welche Versorgungseinrichtungen sind bekannt und werden wahrgenommen und welche werden vielleicht nicht besucht? Besonders interessierten dabei die Gründe für das Nichtaufsuchen:
  • Fehlt ein Mobilitätsangebot, welche Hindernisse bestehen evtl. auf dem Weg, bieten Einrichtungen in der Nähe nicht die gewünschten Waren oder Dienstleistungen?

Oftmals greifen gerade ältere Menschen auch auf Kompensationsstrategien zurück, um die gewünschten Waren zu erhalten oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können:

  • Können soziale Kontakte (Verwandte, Bekannte, Nachbarn) gebeten werden, etwas mitzubringen oder Wege abzunehmen?
  • Sind Bestellungen über Telefon oder Internet eine Lösung?
  • Könnten Fahrdienste die Erreichbarkeit herstellen?
  • Oder wie wichtig ist den Menschen, weiter unabhängig mobil zu sein?